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Testfahrt

The Tale of the Kissing Bandit

J. Robinson Wheeler schrieb dieses englische Textadventure in fünf Tagen. Es tut, was bisher kein deutsches Spiel getan hat: eine Geschichte erzählen und nicht mehr.

Vorbemerkung: Vor der Lektüre dieser Testfahrt sollten Sie The Tale of the Kissing Bandit spielen.

Die Geschichte vom küssenden Banditen war ein Wettbewerbsbeitrag zur Smoochie Comp 2001, dem Wettbewerb für Textadventures, in denen geknutscht wird. Der Titelheld hieß ursprünglich »smooching bandit«. Der Autor schuf bewusst ein Werk, das auf den Rahmen bezug nahm, in dem es erschien.

Der Schluss des Abenteuers distanziert sich, den Autor und den Leser vom Hintergrund, von der Knutscherei. Im letzten Viertel des Spiels gibt es zumindest andeutungsweise ganz andere Küsse als die Schmatzer des Banditen. Und der Spieler stellt fest, dass er eigentlich den Autor der Geschichte - den namenlosen Geschichtenerzähler und Jennys boyfriend - gegeben hat. Eine Erleichterung, da die Banditenrolle wohl den wenigsten Spielern gefällt.

Die Geschichte zerfällt also in eine Binnen- und eine Rahmenerzählung - ein alter erzählerischer Trick. Selbst in IF-Spielen hat man das schon oft gesehen, in Spider and Web, in Photopia. Die Aufteilung zwischen beiden Teilen ist klar - sie sind gegensätzlich.

Unklar bleibt, warum der Erzähler diese Geschichte erzählt. Unklar bleibt, was der Bandit eigentlich ist. Im Zentrum der Geschichte steht ein Rätsel, das der Spieler erst entdeckt, wenn die Geschichte vorbei ist.

Und dieses zentrale Rätsel ist gleichzeitig das einzige Rätsel des Abenteuers.

The Tale of the Kissing Bandit mag schlecht implementiert und eitel geschrieben sein. Der Autor rühmt sich sogar, dass ein Teil des Gerüsts noch das Bauwerk umgibt - schließlich hat er nur fünf Tage gebraucht. Solche romantischen Schöpfungsmythen sind in meinen Augen schwer verzeihliche handwerkliche Fehler bei einem Textadventure. Aber einige spezielle Verben rund ums Küssen und 64 Bücher der Bibliothek hat der Autor doch eingebaut -- Details, die ihm wichtig waren. Und seine Geschichte erzählt Rob Wheeler ohne Rücksicht auf Verluste.

15.04.2001, Florian Edlbauer

 
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